von Franz-Xaver Mayr am 11. März, 2017

Mixedklettern und Winterbergsteigen in Schottland

Denke ich zurück an die Zeit in Schottland, fällt mir sofort eins ein – Regen. Den meisten Leuten geht’s wahrscheinlich auch nicht anders. Regen – und dann kommen die Schafe, die gibt’s dort nämlich auch sehr oft. Neben Regen und Schafen kann ich aber auch auf einige eindrucksvolle Klettertage mit drei guten Freunden zurückblicken. Obwohl die Berge dort nicht besonders hoch sind, kann man in Schottland hervorragend klettern und das hat dort sogar Tradition. Die Schottischen Highlands sind die Wiege des modernen Eis- und Mixedkletterns.

Das gibt es zu beachten: Die schottischen Ethikregeln beim Winterklettern sind streng. Eine Begehung einer Kletterroute wird nur anerkannt, wenn diese winterliche Bedingungen aufweist. Der Fels muss vereist sein und mit Rime bedeckt sein. Rime ist ein Stoff, dessen Aggregatzustand sich irgendwo zwischen Schnee und Eis ansiedelt. Er entsteht, wenn feuchte Luft und Schneeflocken durch den starken Wind an die Felsen gepresst werden. Bei solchen Bedingungen wird es spannend, was die Absicherung betrifft, denn in den vereisten Rissen halten die Camalots nicht mehr. Darum verwendet man fast ausschließlich Keile und Hexentrics, um die Route abzusichern. Bohrhaken gibt es keine. Auch die Bewertung gestaltet sich in Schottland ein wenig anders als gewohnt. Die schottische Mixed-Skala setzt sich aus einer römischen und einer arabischen Ziffer zusammen. Die Römische bezeichnet den Overall-Grad der Route und die Arabische den Schwierigkeitsgrad der schwersten Stelle. Die Skala geht bis zum XI. Grad, der jedoch sehr bedingungsabhängig ist. Außerdem trifft der Overall Grad auch eine Aussage über die psychischen Anforderungen einer Route.

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Mitte Februar machte ich mich zusammen mit Thomas, Andi und Bertl auf den Weg nach Schottland. In Edinburgh angekommen, hatten wir gleich mal einiges damit zu tun unser ganzes Gepäck im Mietwagen zu verstauen – Augen auf bei der Autowahl. Die ersten Tage wollten wir zum Einklettern in den Cairngorms verbringen. Die Routen dort sind meist drei bis vier Seillängen lang und die Zustiege mit 1-2h Gehzeit absolut im grünen Bereich.

Unseren ersten Klettertag verbrachten wir am Massiv Coire an Lochain. Das Wetter war stürmisch und die Verhältnisse irgendwie nicht so schottisch, wie wir uns das vorgestellt hatten. Es lag zwar Schnee, die Wände aber waren frei von Rime. Andi und Thomas kletterten die Route Savage Slit, der Bertl und ich die Fall-out Corner. Am Gipfel blies uns der Sturm fast um. Jedoch waren wir uns einig, richtig schottisch war das noch nicht. Die nächsten Tage waren sehr stürmisch und es regnete viel. Wir tobten uns derweil in dem Drytool Gebiet schlechthin – Newtyle Quarry – aus und kletterten nochmal in den Cairngorms. Gegen Mitte der Woche mischten sich erste Schneeflocken unter die Regentropfen und der Wetterbericht kündigte viel Niederschlag mit sinkender Schneefallgrenze an.

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Pünktlich zum ersten großen Schneetag standen wir am Morgen am Parkplatz unter dem Ben Nevis. Das Wetter war wie gewohnt stürmisch und der Schnee fiel in dicken nassen Tropfen. An der CIC Hütte angekommen, war es endlich soweit, sogar das neuste Stück Gore-Tex siffte durch. Krisenbesprechung – auf Rat einiger Schotten warfen wir unsere ursprünglichen Pläne für den heutigen Tag über den Haufen. Wir stiegen zum Tower Ridge auf, den der Andi vom Sommer schon kannte. Die Schotten behielten Recht, das Gras war nicht gefroren, Eis kaum vorhanden und der Schnee haltlos. Die Felsen waren dafür unter einer weißen dicken Schicht Rime verschwunden. Der Wind blies den Schnee waagrecht durch die Luft und das Klettern machte richtig Spaß.

Der folgende Tag versprach nochmals echte schottische Verhältnisse und die mussten genutzt werden. Zusammen mit dem Thomas kletterte ich in Glen Coe die Route Tilt (VI/7 140m). Genauso haben wir uns das hier vorgestellt. Die Risse waren vereist, der Fels weiß vor Rime und die Keile wurden ordentlich in die Risse geklopft.

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Am letzten Tag besuchten wir noch The Ice Factor, eine Eiskletterhalle, in der es auch guten Kaffee gibt, wir entschieden uns für letzteres. Der Rückflug kam unaufhaltsam näher und wie immer verging die Zeit viel zu schnell. Wir hatten zwei Tage mit guten Verhältnissen. So wie man das Klettern dort von Fotos kennt. Der Rest war eher durchwachsen und der Übergang von schottischen Verhältnissen zu Mistwetter war fließend. Sehr beeindruckt hat uns auch die Motivation der unzähligen Schotten, die bei jedem Wetter rausgehen, ihre Berge mit Steigeisen und Pickeln erwandern und erklettern und dabei immer gut gelaunt sind. Eins steht jetzt schon fest: Wir kommen wieder.

H.m.l.a.A

Andi, Bertl, Thomas, Xari