von Artur am 08. Dezember, 2012

Unterschiede zwischen LVS-Geräten mit einer, zwei oder drei Antennen

Seit die ersten analogen 1-Antennen LVS-Geräte auf den Markt gekommen sind, hat sich auf dem Gebiet der Lawinenverschüttetensuchgeräte eine ganze Menge getan. Auch nachdem Mitte der 1990er Jahre die ersten digitalen 2-Antennen-Geräte auf den Markt kamen und die Lawinenverschüttetensuche maßgeblich erleichterten und verkürzten, blieben technologische Weiterentwicklungen nicht aus und so wurde 2003 das erste 3-Antennen LVS-Gerät veröffentlicht. Auch die drei Antennen-Technologie wurde und wird ständig weiterentwickelt. 3-Antennen-LVS stellen momentan den ´state of the art` auf dem Gebiet der LVS-Geräte dar.

Trotz aller Weiterentwicklungen und Verbesserungen ist das Grundprinzip der Funktionsweise der verschiedenen LVS-Geräte gleich geblieben. Dieses Grundprinzip ist weitgehend normiert, um zu ermöglichen, dass sich alle Modelle unterschiedlicher Hersteller gegenseitig finden können.  Jedes LVS-Gerät, egal ob 1-, 2- oder 3-Antennen-Gerät, sendet mit einer Antenne etwa 1x pro Sekunde ein elektromagnetisches Signal mit einer Wellenlänge von 457 kHz aus. Die Wiederholung des Sendeimpuls verdichtet die elektromagnetischen Feldlinien eines LVS zu einer Schleife. Das elektromagnetische Feld bildet also einen dreidimensionalen Körper.

Schematische Darstellung eines dreidimensionalen elekromagnetischen Feldes mit dem Sende-LVS im Zentrum

Die markanten Unterschiede zwischen LVS-Geräten mit einer, zwei oder drei Antennen ergeben sich nicht aus der Sendefunktion des LVS, da alle LVS – egal ob sie ein, zwei oder drei Antennen besitzen – mit nur einer Antenne senden. Die Unterschiede und der Zugewinn an Bedienungskomfort und Schnelligkeit ergibt sich beim Empfang des Signals eines verschütteten LVS.

LVS-Geräte mit einer Antenne werden auch als analoge LVS-Geräte, Einantennen-LVS-Geräte oder Alt-LVS-Geräte bezeichnet. Wie der Name schon sagt besitzen sie genau eine Antenne. Diese Antenne ist sowohl für das Senden als auch für das Empfangen eines Signales zuständig. Signale können somit nur auf einer Dimension (x-Achse) gemessen werden, was dazu führt, dass es zu ungünstigen Koppellagen (Winkel zwischen Sende-Gerät und Empfänger-Gerät) kommen kann, die die genaue Ortung des Verschütteten verhindern. Außerdem verfügen 1-Antennen-Geräte ausschließlich über ein akustisches Signal, dass je nach zunehmender oder abnehmender Entfernung zum Verschütteten lauter oder leiser wird. 1-Antennen-LVS haben  (produktabhängig) in x-Richtung eine maximale Reichweite von gemessenen 40 bis 70 m. Da der Empfangsbereich von 1-Antennengeräten stark elliptisch ist, muss der Sucher sein 1-Antennengerät auf der Suche nach dem Erstempfang laufend um alle Achsen drehen. Nach dem Erstempfang hat der Suchende den besten Empfang  mit seinem 1-Antennen-Empfängergerät wenn er sich genau „auf“ einer Feldlinie entlang bewegt. Steuern kann der Sucher diesen Vorgang über die Akustik bzw. sein Gehör (laut / leise des Pieptons). Diese Lautstärke ändert sich auch je nach Lage von Sende- und Empfängerantenne zueinander. Einantennen-LVS verfügen über keine visuelle/digitale Entfernungsanzeige, so dass der Suchende ausschließlich auf sein Gehör angewisen ist.

LVS-Geräte mit zwei Antennen haben in ihrem Inneren zwei gekreuzt wirkende Antennen montiert – eine in X-Richtung, eine in Y-Richtung . Außerdem besitzen 2-Antennen-Geräte neben der akustischen Signalverarbeitung eine digitale Entfernungs- und Richtungsanzeige. Auch LVS-Geräte mit zwei Antennen senden das Signal mit nur einer Antenne. Welche der beiden Antennen als Sendeantenne festgelegt wird, entscheidet der Hersteller. Die jeweils andere Antenne hat beim Senden keine Funktion. Da auch der Empfangsbereich von 2-Antennengeräten teilweise elliptisch ist, muss der Sucher sein 2-Antennengerät auf der Suche nach dem Erstempfang, wie bei der Suche mit einem 1-Antennengerät laufend um alle Achsen drehen. Für die Reichweite eines 2-Antennen-Gerätes ist ähnlich wie beim Ein-Antennen-Gerät die Koppellage, also die Ausrichtung des Empfängergerätes zum Sendegerät, entscheidend. Vor allem in der ungünstigsten Koppellage, bei einem senkrecht verschütteten Sender (nicht: senkrecht verschüttete Person!) bei der die Feldlinien des Sendesignals senkrecht auf das suchende Gerät treffen, erreicht das Empfangsgerät nur 48% seiner möglichen besten Reichweite. Zudem können die zwei starken X- und Y-Antennen nicht richtig arbeiten. Sie bekommen keine klare Richtungsanzeige. Der Sucher läuft im Nahbereich stark schlangenlinienartig. Zudem bekommen Ein- und Zwei-Antennen-Geräte in der Feinortung eines senkrecht stehenden Senders stärkere Schwierigkeiten mit Mehrfach-Signalmaxima, die die Feinsuche deutlich erschweren und verzögern.

Die folgende Grafik zeigt günstige und ungünstige Koppellagen zwischen Sende- und Empfängergerät. Die gelben Antennen symbolisieren dabei die Stellen günstigster Koppellagen, die zu einem sehr lauten Signal bzw. bei visueller Unterstützung des Signals, zur geringsten Entfernungsanzeige bzw. höchster Leuchtdiodenanzeige führen. Die roten Antennen zeigen Stellen der schlechtesten Koppellage an. Hier kommt es nur zu einem sehr leisen Signal bzw. bei visueller Unterstützung des akkustischen Signals zur weiteste Entfernungsanzeige bzw. niedrigste Leuchtdiodenanzeige.

Drei-Antennen-LVS haben sich deshalb schon längere Zeit  als Standard etabliert. Die beiden horizontalen Antennen messen die jeweilige Signalstärke – sie horchen quasi jede in ihre Richtung – und errechnen damit, aus welcher das Signal tatsächlich kommt. Die dritte, senkrechte Antenne ermöglicht eine genaue Punktortung. Ohne diese vertikale Antenne wäre es – wenn man sich schon über dem Verschütteten befindet – sehr schwer zu sagen, wo ganz genau der Sender liegt. Es würden sogenannte Mehrfachmaxima entstehen, die den Suchenden in die Irre führen und die Feinsuche erschweren. 3-Antennen-LVS ermöglichen also die genaueste Punktortung unabhängig von der Lage und der Tiefe des Senders.

Lage der drei Antennen bei einem 3-Antennen-LVS

Die Präzision in der Feinsuche ist entscheidend, weil so viel Sondier- und Schaufelzeit gespart werden kann. Versuche zeigen zudem, dass noch vor der Sondierarbeit die meiste Zeit in der Feinsuche, also im Bereich unter zwei bis drei Meter Entfernung zum Verschütteten verschenkt wird. Deshalb sind präzises Arbeiten und präzise LVS-Geräte hier von größter Bedeutung.

Mehrfachverschüttungen:

Die Statistiken zeigen, dass in bis zur Hälfte aller Unfälle zwei oder mehr Verschüttete zu erwarten sind. Für eine zuverlässige Anzeige von Mehrfachverschüttungen sind eine saubere und umfangreiche Signalanalyse und Signaltrennung unerlässlich. Präzise Signalanalysen, wie sie moderne 3-Antennen-LVS durchführen, werden die zukünftigen Entwicklungen im LVS-Geräte Bereich bestimmen. Schwierige Situationen für LVS-Geräte sind dabei solche, bei denen mehrere Sender gleichzeitig senden und/oder viele Störquellen ein sogenanntes lautes Grundrauschen erzeugen. Schließlich hat eine Sekunde nicht Platz um unbegrenzt viele Signale darin ungestört voneinander takten zu lassen.  Die Ursache für Überlagerungen sind die unterschiedlich langen Perioden von Sendern. Manche takten in Abständen etwas länger als eine Sekunde, manche etwas kürzer als eine Sekunde. Aufgrund dieser unterschiedlich langen Perioden kommt es zwingend bald dazu, dass zwei oder mehr Signale genau zum gleichen Moment takten.

Darstellung der Signalüberlappungen bei vier Signalen

Durch die Überlagerung passieren physikalisch unberechenbare Dinge: Signalstärken können sich addieren, subtrahieren oder sogar gegenseitig auslöschen. Eine Entfernungsmessung aufgrund der Signalstärke, also des Amplitudenausschlags, ist nicht mehr zuverlässig möglich. Genausowenig, wie moderne digitale LVS-Geräte ohne Signalanalyse hier etwas sinnvolles anzeigen können, müsste der Sucher mit einem analogen Gerät warten, wenn sich das Signal von 2 oder mehr Sendern überlagert. Dann nämlich hörte er nicht mehr die Signale getrennt voneinander, sondern nur noch einen kurzen Piepton, an dem alle Sender zugleich ihr Signal abgeben. Er muss also warten, bis die Sendesignale wieder auseinanderlaufen und er sie getrennt hören kann.

Ein LVS-Geräte ohne scharfe Signalanalyse zeigt ungefiltert und unmittelbar das an, was es empfängt. Also auch alle Unregelmäßigkeiten im oben dargestellt Messbild: springende Richtungspfeile und hüpfende Entfernungsanzeigen sind die Folge. Ein State-of-the-art-LVS-Gerät wertet dagegen nur Signale ohne Überlagerung. Diese Geräte vermessen dazu auf sehr aufwendige Weise nicht nur die Signalstärke des Senders (Amplitude, die ja bei Überlagerungen unberechenbar stark oder schwach sein kann), sondern auch seine ganz charakteristische Impulsdauer und die Länge der Pausen dazwischen, sowie seine
Frequenz. Dazu müssen S1 und 3+ logischerweise mehr als einen Sendeimpuls abwarten, um eine Regelmäßigkeit feststellen zu können. Sie hören also einige  Sendetakte genau hin, um diese Messung durchzuführen. Das erklärt die Verzögerung der Anzeige zu Beginn der Suche. In dieser Verzögerung gewinnen die Geräte allerdings eine Art individuellen Fingerabdruck jedes Senders in ihrer Umgebung und rechnen diesen in
die Zukunft. Wenn die tatsächlich gemessenen Werte nicht mehr mit den charakteristischen Merkmalen, den hochgerechneten Soll-Werten der Sender übereinstimmen, muss Signalüberlagerung vorliegen. Somit weiß das Gerät nun, dass es diese „unwahren“ Messungen nicht in Form springender Entfernungsanzeigen und Richtungspfeile anzuzueigen braucht. Der Sucher muss nun warten, bis wieder zuverlässig messbare Signale kommen, genau wie er das mit einem analogen Gerät auch getan hat. Verwirrungen und Irrwege werden ihm erspart.

Der Vorteil einer genauen Signalanalyse und -unterscheidung liegt auf der Hand:  Er liegt darin, dass Fehlanzeigen weitgehend vermieden werden können und der Suchende bei Mehrfachverschüttungen eine möglichst ruhige Anzeige erhält, die Irrwege vermeiden hilft und eine ressourcen- und zeitschonende Suchstrategie ermöglicht. Außerdem ermöglicht die genaue Signalanalyse ein zuverlässiges Markieren. Durch die genauere Identifikation der Sender kann die Markierung mit dem ersten Knopfdruck erfolgen und auch gehalten werden und springt nicht wieder zurück.

Fazit: Obwohl sich auch mit einem älteren und einfach gestrickten 1-Antennen-LVS schnell und effektiv arbeiten lässt und sogar komplexe Mehrfachverschüttungen auflösen lassen, setzen diese Geräte ein immenses Pensum an Übung und Erfahrung mit dem jeweiligen Gerät voraus. Die geschilderten Nachteile (nur akkustisches Signal, irreführende Mehrfachmaxima bei ungünstigen Koppellagen, Signalüberlagerungen bei Mehrfachverschüttungen) machen diese Geräte nur für Personen, die über die nötige Übung und Erfahrung mit der Lawinenverschüttetensuche verfügen, empfehlenswert. Da Zeit bei einer Lawinenverschüttung eine sehr knappe und kostbare Ressource darstellt (die Überlebenswahrscheinlichkeit sind nach 15 min rapide ab) ist ein Gerät, dass eine zeit-und ressourcensparenden Suchstrategie führt unbedingt vorzuziehen.  Moderne drei-Antennen-Geräte, die zudem über eine exakte Signalanalyse verfügen, helfen die ohnehin sehr stressige Situation der Verschüttetenbergung etwas zu entschärfen. Allerdings gilt auch für die Nutzung technisch hochentwickelter LVS der Grundsatz, dass nur Wissen über bzw. Übung und Erfahrung mit dem jeweiligen Gerät eine erfolgreiche Verschüttetenbergung gewährleisten können.

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